GOISERN GOES USA

Musik-Doku

47min
Servus TV
Produktion: Südkino
2016

Hubert von Goisern im Flugzeug. Ziel: New York. Orangensaft im kleinen Plastikbecher. Auf dem Sitzbildschirm wandert blinkend ein roter Punkt über die Karte des Atlantiks: Flughöhe, Geschwindigkeit, Zeit am Zielort. Hubert schaut aus dem Fenster. Zerrissene Wolkenfelder, ganz unten das Meer, das Europa und die USA trennt. Die Sonne strahlt ins Fenster. Eine weitere Reise steht an. Für Hubert vielleicht schon die 100. Reise in Sachen Musik? Er war eigentlich schon überall, um Musik zu machen, natürlich auch in den USA. Warum geht es gerade jetzt wieder dorthin? Warum nicht an einen Ort, an dem er noch nie war? Oder warum nicht einfach Zuhause bleiben? Goisern gets the Blues…

Bereits vor über 20 Jahren erlebte Hubert mit seiner früheren Band, den Alpinkatzen, eine außergewöhnliche Tour in den USA, die Euphorie war groß. Damals tat sich für Hubert ein Fenster auf, mit seiner Musik auch in den Staaten noch mehr zu erreichen. Sein Fazit damals: „Ich habe nach wie vor das Gefühl, dass Amerika ein Land ist, wo ich mit einer Produktion auf Tournee gehen und das ich bereisen möchte. Wir hätten dort sicher eine Chance! (…) Mein Bewusstsein wurde gestärkt. Wir haben erfahren, dass auch in anderen Ländern nur mit Wasser gekocht wird und dass das, was wir machen, durchaus neben das gestellt werden kann, was andere machen. Man muss abwarten, was von der Euphorie, die bei den Amerikanern nach den Konzerten geherrscht hat, übrig bleibt.“

Heute, über 20 Jahre später, haben sich die USA verändert, während Hubert sich und seiner Sache treu geblieben ist. Er kompiliert, verbindet und öffnet seinen Sound: Unzählige musikalische Einflüsse anderer Länder finden den Weg in sein Werk, auf dem Album „Federn“ sind es Klänge aus den USA: Blues, Country, Südstaaten-Sound – Pedal- Steel und E-Gitarre, Cajun und Ziehharmonika. „Federn“ ist kraftvoll, aber auch melancholisch. Denn die USA machen Hubert zu schaffen: „Diese Entfremdung zwischen Europa und Amerika, die über die letzten zwei, drei Jahrzehnte passiert ist. Die verstehen uns nicht, wir verstehen sie nicht, und ich find‘ das unglaublich schade. Für die gibt’s die Welt außerhalb von Amerika nicht. Und wenn, finden sie alles bedrohlich. (…)“ Dieser generelle Eindruck von den Amerikanern steht konträr zu Huberts grundsätzlicher Offenheit, Neugierde und dem Wunsch, dass Musik verbinden und Brücken schlagen soll.

Genau deswegen reist von Goisern jetzt wieder in die USA: Er möchte wissen, was mit den USA geschehen ist, mehr oder weniger: „What’s wrong with the States?“ Hubert will den Amerikanern noch eine Chance geben, um jenes Bild zurechtzurücken.

Goisern goes America ist kein klassischer Tour-Film, es ist ein Musik-Dokumentarfilm, der sich zusammen mit Hubert von Goisern an den USA abarbeitet: An den gängigen Klischees, am Entertainment-Business, an den politischen Umständen, den musikalischen Einflüssen, an den Meinungen der Musiker, die hier leben und spielen. Die Platte „Federn“ trägt in sich US- amerikanische Musikeinflüsse, sie hat Blues, aber auch eine Wut auf die Entfremdung zu Europa und zum Rest der Welt. Dieser Sound begleitet den Film.

Aber was bietet Hubert dem US-Publikum live aus seinem weiterem Repertoire an? Spielt er Lieder aus anderen Schaffensperioden, die mehr mit den amerikanischen Gewohnheiten zusammenprallen? Immer wieder wird auf der Tour zu Begegnungen mit amerikanischen Musikern angehalten und gesprochen. Der Zuschauer erlebt dabei einen nachdenklichen Hubert von Goisern, der immer noch brennt und es jetzt wissen will. Er spielt in einem Club in New York, er trifft österreichische „Expats“ und amerikanische Fans; er sucht nach Instrumenten; er spielt Alphorn und wartet auf Reaktionen, es kommt zu Begegnungen. Vor allem Bob Bernstein, US-Amerikaner und Pedal Steel Gitarrist in Huberts Band wird zu einem Weggefährten auf dieser Tour.

Goisern goes America ist kein sentimentaler Rückblick, der Film erzählt ein Hier und Jetzt. Rückblicke gab es genügend. Huberts Unterwegs-Sein zählt. Seine USA-Reise ist eine persönliche Suche mit offenem Ende – wieder einmal lässt er sich auf einen Prozess des Verstehens ein. Die Tour findet in einer schwierigen Zeit statt: Über Jahrzehnte dominierten die USA machtvoll die Weltpolitik, mischten sich mit ihren Interessen ein, und die Welt würde ohne das heute anders aussehen. Warum sollte man angesichts der Flüchtlingsströme nach Europa, der Kriege, zweifelhafter Handelsabkommen und im undurchsichtigen „Geschacher“ der Weltmächte überhaupt in die USA reisen? Würde es nicht viel mehr bringen, dorthin zu fahren, wo die wirklichen Probleme sind? Oder sind eben diese Probleme auch in den USA spürbar?
Auf seiner Reise wird Hubert musizieren, reden und vor allem: Fragen stellen. Seine Musik anderswo spielen, das war immer schon sein Beitrag für das gegenseitige Verständnis von Kulturen, Ländern und Menschen. In Goisern goes America gibt’s den Sound von Hubert, aber vor allem auch den Blick hinter die Kulissen – wie ist das mit Hubert von Goisern in den USA unterwegs zu sein?